BassBag
in Bursa-Bauweise


Trommeln werden üblicherweise in mehr oder weniger schlabberigen Pappschachteln geliefert. Diese Schachteln sind in der Regel mit Nieten gespickt: Einerseits, um die Pappe zusammen zu halten, andererseits um Trage- und Befestigungsgurte mit der Pappe zu verbinden. Benutzt man diese Schachteln wird man in Kürze feststellen, dass die Pappe an der Trommel scheuert und großflächig stumpfe Oberflächen hinterlässt. Die Nieten besorgen dieses Geschäft mit noch größerem Nachdruck: Hässliche Kratzspuren können resultieren.

Man kann ein derartiges Case mit Filz oder Stoff ausschlagen, der hierbei benutzte Sprühkleber hat es aber mächtig in sich!  Auch wird sich diese Polsterung beim üblichen Gebrauch schnell lösen: Statt zu polstern geht sie dann nur noch auf die Nerven. Auch bei Anschaffung eines Hardcase wird man um eine Polsterung nicht herumkommen.


BassBag in Bursa-Bauweise! Zugegeben: Ich liebe den Stabreim. Aber in diesem Fall macht er Sinn: Das Vorbild für diesen Typ der Polsterung habe ich der Anatomie entlehnt. Sehen wir uns zum Beispiel ein Kniegelenk an: Die harten Knochen sind mit weichem Knorpel überzogen, das Gelenk erfährt Führung durch spaltfüllende und polsternde Menisken (14) und straffe, seitliche Bänder. Das umliegende Gewebe weist verschiedenen  "Schleimbeutel" (Bursae) und Spalten auf (5, 10, 19), die mit "Gelenkschmiere" (Synovia) gefüllt sind und als flexible Verschiebeschichten die Bewegungsfreiheit des Knies überhaupt erst ermöglichen.

Dass Hart auf Hart auf Dauer Probleme macht, ist bekannt: Ist der Knorpel verbraucht wird das Gelenk durch die Reibung der harten Knochen aufeinander regelrecht zermahlen: Das Krankheitsbild der Arthrose. Die ersten Hüftprothesen bestanden aus Stahl und waren in Null Komma Nix verschlissen. Heute wird ein harter Hüftkopf in eine weiche Gelenkpfanne implantiert, und die Prothesen halten unvergleichlich länger. 

Der an anderer Stelle beschriebene Trommelsack arbeitet nach dem Prinzip Hart - Weich -Hart. Die Idee für die nun beschriebene BassBag  flog mir zu, als ich mit dem Bau eines Hardcase für meine neue Hosbilt schwanger ging und im Stoffmarkt verschiedene Stoffe befühlte: Plötzlich hatte ich einen Stoff zwischen den Fingern, dessen "rechte" Seite flauschig weich wie ein Teddybär war. Der Stoff lag doppelt, die "linken" Seiten aufeinander, und diese beiden Seiten glitten aufeinander wie Schmierseife. Die Assoziation "Bursa" war zwingend, und ebenso zwingend die Umsetzung der Idee: Nehme ich den Stoff doppelt, dann polstern die weichen Seiten zu den beiden harten Flächen hin, nämlich zur Trommel bzw. zum Hardcase. Die rutschige Mittelschicht gibt Scherkräften nach und verhindert so zusätzlich eine Beschädigung der Drum. Es handelt sich hier also nicht um ein einfaches Hart - Weich - Weich - Hart: Der Clou der Geschichte ist der Abbau von Scherkräften zwischen den Schichten.

Sagittalschnitt durch das Knie.
(aus: Kahle, Leonhardt, Platzer:
Taschenatlas der Anatomie)


Die nachfolgende Anleitung mag kompliziert erscheinen: Dies hängt mit der Bauweise (Prinzip Käseglocke) des zugehörigen Hardcase zusammen. Das Bursa-Prinzip lässt sich aber selbstverständlich auch beim o.a. Trommelsack anwenden.

Zu Beginn legen wir die Drum auf eine Spanplatte und fahren mit einem Bleistift die Konturen ab. Warum eine Spanplatte? Sie liegt plan, und das Gehampel mit dem Packpapier fällt weg. Außerdem wollte ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Spanplatte sollte Grundlage für die BassBag und das geplante Hardcase sein.

Eine kleine Besonderheit in diesem Fall: Auch die angeschraubten Trommelfüße brauchen Platz, auch sie müssen im Beutel Unterschlupf finden.

Unter dem Tisch das Monster mit den Glutaugen: Kasperle...

 

Der Mittelpunkt wird bestimmt, mit dem Schnurzirkel wird überprüft, ob alles im Lot ist. Mit dieser Schnur ist dann die Übertragung auf Papier ein Kinderspiel: Nur das Papier über den Nagel stülpen, und schon kann es mit der Übertragung losgehen.

 

Die Nahtzugabe wird abgetragen. Unschwer zu erkennen: Hier arbeiten wir schon auf Packpapier.

 

Die Schablone ist ausgeschnitten und wird durch Werkzeuge plan gehalten (Der Widerspenstigen Zähmung...).

Unschwer zu erkennen: Im unteren Bereich der zusätzliche Platz für die Füße, im oberen Bereich eine Zugabe: Dieser Teil soll später über die Beutelwand gelegt und fixiert werden.

 

Zuschnitt. Da die Kreide auf dem hellen Stoff nicht gut zu erkennen ist, wird einfach um die Schablone herumgeschnitten.

 

Die beiden Seitenteile werden vernäht, und zwar "rechts auf rechts". Die Naht im Fußbereich bleibt offen: Sie dient als Öffnung zum Umstülpen. Nach dem Umstülpen befindet sich die flauschige "rechte" Seite außen und  die Naht verschwindet.

 

Die Wand, fertig zugeschnitten und zur Sicherheit noch einmal aus- und umgelegt. Danach - völlig unspektakulär - die Naht.

 

Wand und Seitenteil werden mit Nadeln aneinander- geheftet. Der wichtigste Teil ist - wie immer - die Basis.

Als akademischer Klugscheißer habe ich natürlich hin- und hergefaltet, ein-, aus- und umgestülpt um die Nähte möglichst versteckt anzubringen. Alles Quatsch! Es ist völlig ausreichend, das lange Rechteck rechts auf rechts liegend an zwei Seiten zu vernähen, dann umzustülpen, das offene Ende des Schlauches ein wenig einzustülpen und dann zu verschließen. Gleiches gilt für die beiden Seitenteile. Die drei Einzelteile können dann jenseits der ersten Nähte vernäht werden. Diese Einsicht kam mir natürlich erst, als ich fertig war. 

Tipp: Am besten versucht man ganz am Anfang mit einem Probeläppchen, wie viele Schichten Stoff die Nähmaschine verkraftet: Schafft sie nicht vier Schichten, kommt man um Falterei Stülperei nicht herum.

 

Nun werden die drei Teile mit Stecknadeln sauber aneinander geheftet: Schließlich arbeiten wir hier in einer Maßschneiderei... ;-)

 

Passt, wackelt und hat Luft. Die Seitenteile werden nur in der unteren Hälfte, also bis zum Kalibersprung mit der Wand vernäht.

 

Hier das Resultat. Einige Klettverschlüsse halten den Stoff an Ort und Stelle...

 

...einige Bänder sorgen für zuverlässigen Zusammenhalt. Hier ruhen Trommel und BassBag bereits auf dem Boden des BassCase. Und richtig: Ich schiebe gerade meinen Tuner in ein Fensterledersäckchen, dass im "toten Winkel" des BassCase ausreichenden Platz findet.

Grundsätzlich kann auf die oben beschriebene Art und Weise auch ein "Softcase" genäht werden. Hier sollte man aber dann mit unterschiedlichen Stoffen / Materialien arbeiten: Die äußere Hülle sollte robust sein, z.B. aus einem Jeans-Stoff. Die innere Schicht sollte weich und flauschig sein. Zudem empfiehlt sich eine dicke Mittelschicht aus z.B. Polsterwatte: Es müssen ja bei dieser Variante auch Stöße abgefangen werden. Zwei Henkel sorgen für den guten Griff: Fertig.

Das Softcase bietet einer Drum nicht den Schutz, den sie durch ein Hardcase erfährt. Ein großer Vorteil des Softcase ist jedoch, dass es sich der Drum anschmiegt  und beim Transport den geringsten Platz einnimmt. Eine gute Lösung also für alle Bass Drummer, die keinen Möbelwagen haben.