Bass Beater I

Reparatur eines Andante Beaters


 Es ist sehr schwer, als Bass Drummer den Klang der eigenen Trommel zu beurteilen: Wenn man hinter der Trommel steht geht ein großer Teil des Klangs seitlich weg. Mit anderen Worten: Der Bass Drummer ist eigentlich der Letzte, den man nach dem Klang der Bass fragen sollte... Eines aber ist so sicher wie das Amen in der Kirche: Nur das Zusammenspiel von optimal gestimmter Drum und optimalem Beater kann einen optimalen Sound ergeben. Ist der Beater zu hart, resultiert ein blecherner, scheppernder Klang, ist er zu weich, verpufft der durch den Schlag gegebene Impuls, der Beater erhält keinen ordentlichen Rebound (Rückprall, Schwung) und verkürzt durch die lange Verweilzeit auf dem Fell die Klangdauer (Sustain). Kurz und gut: Der Schlag wird dumpf und stumpf. Zudem muss der Drummer wegen des fehlenden Rebound sehr viel mehr aktiv arbeiten: Es ist wie das Schlagen eines schlappen Balles gegen eine Wand...

Ich glaube, ich habe auf der Suche nach der optimalen Lösung so ziemlich alle gängigen Bass Beater ausprobiert, und es ist faszinierend, das jeder Beater bei immer derselben Drum einen völlig anderen Klang hervorruft. Aus mir völlig schleierhaften Gründen bevorzugt das Gros der Bass Drummer große, voluminöse Beater. Sicher: Das große Volumen und das hohe Gewicht dieser Beater führt automatisch zu runden, schwingenden Bewegungen. Aber das ist Optik! In der Medizin gibt es klare Prioritäten: Zunächst Leben bewaren, dann Organe erhalten, dann die Organfunktion; erst ganz am Schluss steht die Kosmetik, die Optik. Gleiches fordere ich für die Musik: Zuerst der Klang, und dann die Optik!

Wie gesagt habe ich mir viel Mühe gegeben, den für mich optimalen Beater zu finden. Ich habe vom knüppelharten bis zum butterweichen Beater, von der Miniaturausgabe bis zur XXL-Variante nichts ausgelassen. Heute halte ich den Andante® Beater für das Optimum, und immer, wenn ich eine Bass gestimmt habe, biete ich dem jeweiligen Besitzer meine Andante Beater als Vergleich zu seinem eigenen an. Bisher hat noch Jeder aus diesem ausgesuchten Klientel den Klang der Andante Beater für besser befunden: Er liegt bezüglich der Härte in der Mitte, ansonsten kommt er eher zierlich und leicht daher. Die Zierlichkeit fordert das Körpergefühl: Hier schwingt keine Keule, keine Masse - der  Drummer muss swingen. Die Leichtigkeit des Beaters ermöglicht schnellere Schläge und erleichtert das Trommeln enorm, da die kleine Masse natürlicherweise durch das Fell leichter beschleunigt werden kann: Der verlässliche Rebound spart viel Kraft.

Und doch: "Tand, Tand ist alles Ding von Menschenhand!" Nichts ist von Dauer. Jeder Beater zeigt früher oder später Spuren des Gebrauchs. Man sollte es sich angewöhnen, regelmäßig seine Beater auf Verschleißerscheinungen zu untersuchen. Versäumt man diese Kontrolle, hat man Ruckzuck ein Paar Felle versaut, und das sind immerhin 150 Euro - ohne Beschriftung!

 Ursache für die hier abgebildete Schweinerei war ein kleines Loch im Bezug des Beaters: Das streichende Schlagen der Bass führt dazu, dass es zwischen Trommelfell und Beater zu einer nicht unerheblichen Reibung kommt. Reibung erzeugt Hitze, und diese Reibungshitze bewirkte ein Schmelzen der Trommelbeschriftung.

Der Bezug des verantwortlichen Beaters weist im oberen Teil neben einer "Glatze" ein kleines Loch auf. Diese Abnutzungserscheinung veränderte die Oberflächeneigenschaften nachhaltig und negativ: So weit sollte man es nicht kommen lassen! Da ein Satz Andante Beater mit 60,- Euro zu Buche schlägt und ich ja nichts zu verlieren hatte entschloss ich mich zu einem Reparaturversuch.
Zunächst wurde der Bezug der Länge nach aufgeschnitten: Es zeigte sich ein einfacher Stoffschlauch, an beiden Enden mit einer Tabaksbeutelnaht verschlossen.
Die darunter liegende Schicht besteht aus einem zum Kern passenden Schaumstoffschlauch von ca. 2 cm Dicke. Im oberen, dem Körper abgewandten Teil ist dieser Schlauch durch eine Tabaksbeutelnaht gerafft. Die so entstehende zentrale Delle ist ausreichend groß, um den "Stumpf" der Tabaksbeutelnaht aufzunehmen. Der Stumpf passt in diese Höhlung wie ein Dübel in ein Bohrloch; von außen betrachtet entsteht so eine ununterbrochene Kontur: Weder ist eine Delle zu ahnen noch reitet der Stumpf als Knubbel auf. Gut gemacht, muss man schon sagen!
Der untere Rand des Schlauches ist lediglich etwas abgeflacht.
Die Anatomie des Andante Beaters ist somit schnell formuliert:
  1. Griff (Hartholz , Länge 28 cm, Querschnitt 1,8 cm)
  2. Kern (Hartholz , Länge 11 cm, Querschnitt 4,8 cm)
  3. Polsterung (Schaumstoff), Dicke 2 cm, Qualität ca. 35-W (= Raumgewicht 35 kg/m3 - Softausführung)
  4. Bezug ("Teddy-Stoff)

Beim Holz handelt es sich vermutlich um Ramin, ein Tropenholz, dass überwiegend zur Herstellung von Leisten benutzt wird. Dafür sollte man sich schämen: Wir habe so hervorragende einheimische Hölzer - wozu der Rückgriff auf die wertvollen Ressourcen der Tropenwälder?

Das Gewicht eines solchen Beaters liegt zwischen 130 und 150 Gramm, ein wirkliches Leichtgewicht also, in der Tat!

Da Griff, Kern und Polsterung unbeschädigt waren musste lediglich ein neuer Bezug gemacht werden. Vorlage war hier selbstverständlich der alte Bezug mit den Maßen 16 x 26 cm. Beim Zuschnitt kam ich also unter Berücksichtigung der Nahtzugabe (2 cm) auf 16 x 28 cm.
 
Als Farbe wählte ich Weiß, weil Weiß vor fast jedem Hintergrund gut gesehen wird. Als Bass Drummer habe ich drei Möglichkeiten, den Beat zu geben: Schlag, Pause und Signal = Flourishing. Um das Flourishing effektiv einsetzen zu können sollte ich als Bezug meines Beaters tunlichst keine Tarnfarben nehmen: Weiß ist zwar empfindlich, aber bewährt.
Nach dem Versäumen des Zuschnittes wird der Stoff der Länge nach gefaltet, sodass zwei Lagen von 16 x 14 vor uns liegen. Die spätere Außenseite kommt hierbei nach innen, wir nähen also von links. Parallel zur offenen 16 cm Kante wird nun mit einem Zentimeter Nahtzugabe mit der Maschine eine einfache Naht eingebracht. Es resultiert ein 14 cm langer Schlauch, der auf links vor uns liegt. (Abb. s.o.)

Nun werden, ebenfalls mit einem Zentimeter Nahtzugabe, von Hand die Tabaksbeutelnähte vorgelegt.

Anschließend wird die obere TB-Naht stramm geschlossen und mit einem sicheren Knoten versorgt (hier: Chirurgischer Knoten. Ich liebe diesen Knoten, wenn ich später nicht mehr ohne Weiteres an diese Stelle komme: Der chirurgische Knoten baut soviel Reibung auf, dass er von alleine nicht mehr aufgeht - man kann ihn vergessen...)
Nun wird der Bezug wie ein Kondom über die Polsterung gezogen, wobei darauf geachtet wird, dass der "Stumpf" der Tabaksbeutelnaht exakt in die Delle des Schaumstoffschlauches kommt.
Eine Kocher-Klemme verhindert den Verlust der unteren Tabaksbeutelnaht. Eine derartige Klemme findet man in der Schrottkiste des lokalen Krankenhaus-Sterie's oder im Anglergeschäft. Wer nicht so geizig ist wie ich, der kann auch mit langem Faden arbeiten und auf die Klemme verzichten.
Der Bezug wird an die Polsterung modelliert...
... und schön glatt gezogen.
Dann wird die untere Tabaksbeutelnaht zugezogen, wobei der Stoffrand versenkt wird.
Ein sicherer Knoten schließt diese Operation ab.
Die Qualität eines Knotens misst neben der in ihm aufgebauten Reibung auch und vor allem in der Länge des Fadens, der nach dem Abschneiden ein Lösen des Knotens verhindert. Hier sollte man großzügig sein!
Zum Schluss wird der Knotenüberstand in der Naht versenkt.

Vorher...

Nachher...
Und hier liegt es vor uns, das Ergebnis unserer Mühen: Ein schmucker "neuer" Beater in strahlendem Weiß. Und weil wir uns gerade mal warmgearbeitet haben bringen wir noch schnell die übrigen Beater auf Vordermann...

Vorher... Nachher...
Kaum haben wir ein Problem gelöst, schon taucht ein neues auf: Wie transportiert man diese empfindlichen weißen Beater - ohne sie gleich schmutzig zu machen?

Her mit der abgewetzten Jeans mit dem Loch vor dem Knie: Neben ein Paar Shorts für den Sommer steckt da doch noch ein guter Beater-Beutel drin!

Das eine Bein gibt den Boden, das andere die Wand. Schnell noch ein Tunnel für einen Tabaksbeutelverschluss...

... und schon sind die Beater im Beater-Beutel eingebeutelt, oder handelt es sich doch ehe um eine Versackung? Vielleicht eine Versackbeutelung... ;-)

Ach ja: Ich bin natürlich keine anatomische Rarität mit drei Armen - der dritte Beater ist immer in Reserve, für den Fall, dass mir mal einer wegfliegt...

Und noch ein guter Rat zum Schluss: Wer die Anatomie des Beaters kennt und weiß, wie leicht eine Tabaksbeutelnaht zu legen ist, der kann auch einfach die untere Naht mit einem Scherenschlag öffnen, den schmuddeligen Bezug waschen und danach wieder aufstülpen.


Demnächst in diesem Theater: "Bass Beater II"!
Der Autor wagt sich an den Bau eines Bass Beaters aus einheimischen Materialien.
Spannung, Action und unerwartete Wendungen!
Unbedingt lesen! Nicht versäumen!