Die "Grades"

   Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
   er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
                                              Hermann Hesse


Pipebands, die sich den Juroren der Royal Scottish Pipe Band Association (RSPBA) stellen, werden nach Leistung in "Grades" eingeteilt. Hierbei wird in getrennter Wertung sowohl die musikalische Kompetenz der Band als auch ihr Erscheinungsbild bewertet.


Das Wertungssystem

Jede Band erhält als Basis 100 Punkte. Die Wertung erfolgt durch 2  Punktrichter, die für Fehler Punkte vom “Konto” abziehen.

Das Spiel beginnt mit dem Einmarsch in die sogenannte “contest area” - einem inneren Kreis mit 7,28 m und einem äußeren Kreis mit 12,74 m Durchmesser. Die Startlinie liegt 13,65 m vor dem Zentrum der Kreise.

Besondere Bewertungskriterien:

Intro

  • sauber und gleichmäßig ausgeführte Intro-rolls der Trommler
  • gleichmäßiges Ansprechen der Drones
  • sauberes "E", die Piper haben beim “E” beide Hände am Chanter

Sound

  • Pipes Ton für Ton aufeinander abgestimmt
  • Schlagfelle der Drums haben den gleichen Klang

Musik

  • Ausführungsqualität
  • Harmonie von Pipes und Drums

Neben diesen Punkten zählt natürlich auch der äußere Gesamteindruck der Band, sprich die Bekleidung.

Nach dem Wertungsspiel erhält jede Band einen Rapport, also Wertungsbericht.

Die Klasseneinteilung der Bands erfolgt in Grades. Die niedrigste und einfachste Klasse ist Grade 4.

Text: Jens Krone, Owl Town PD Band (Peine)

 

Die Grades

Grade 4  
wird erteilt, wenn ein bestimmtes Grundrepertoire sicher beherrscht und ordentlich präsentiert wird: Man hat sich "die Sporen verdient". 

Das Grundrepertoire wird geprüft am 4/4-March, wobei 8-9 Parts erwartet werden (Minimum). Wie man das nun anstellt bleibt der Band überlassen. Gängige Lösungen des Problems sind: 

Denkbar ist natürlich auch 4 - 2 - 2 - 4 -2 - 2 (8-9 Parts ist Minimum, ein Maximum ist nicht definiert), aber da sollte man auch ein Einsehen haben und den Bogen nicht überspannen: Sowohl die Richter als auch die anderen Bands haben nicht unendlich Zeit... ;-) Letztendlich läuft es also auf die 8-9 Parts 'raus.

Grade 3
bedeutet, dass ein umfangreiches, anspruchsvolles Repertoire gut präsentiert wird.

Im Grad 3 wird in der Regel ein Medley aus Jig, Hornpipe, Reel, Slow Air und Strathspey gespielt. Ein derartiges Medley stellt natürlich völlig andere Anforderungen an die Band als ein einfacher 4/4 March: Rhythmuswechsel etc. legen hier die musikalische Messlatte gegenüber dem Grade 4 doch deutlich höher. 


An dieser Stelle sei ein kleiner Einschub gestattet:

Open Grade

Der Open Grade ermöglicht es allen Bands, zum Beispiel mit einem MSR-Set  (March - Strathspey - Reel) anzutreten, um auf diesem Gebiet Leistungsfähigkeit bzw. -defizite prüfen zu lassen. Der MSR ist zumindest in Alden Biesen charakteristisch für den Open Grade. Eine weitere Möglichkeit ist es, UpGrade zu spielen. 

UpGrade

UpGrade bedeutet, dass eine Band sich mit den Bands des nächsthöheren Grades misst. Die Frankfurter Clanpipers, die City of Amsterdam und die Mühl PD  sind Grade 3 Bands und würden bei einem Wettkampf in Schottland lediglich in Grade 3 und Open Grade antreten. In Alden Biesen jedoch besteht für diese Bands die Möglichkeit, UpGrade in Grade 2 anzutreten, wobei das in Grade 3 gespielte Medley durchaus auch im Grade 2 verwendet werden kann. Vermutlich legen die Adjudicators beim Grad 2 lediglich ein strengeres Maß an. Die Möglichkeit, UpGrade zu spielen, ist natürlich eine gute Übung für den tatsächlichen Sprung in den nächsthöheren Grade. Daher nehmen z.B. in Alden Biesen nicht wenige Grade 4 Bands Upgrade im Grade 3 und natürlich im Open Grade teil.


Grade 2  
steht für ganz hervorragende musikalische Leistung.

Im Grad 2 wird die Luft dann schon richtig dünn: Natürlich wird MSR aus dem Effeff beherrscht, Medleys werden nicht nur zusammengestellt, sondern teilweise auch komponiert. Auf dem Kontinent gibt es derzeit meines Wissens keine Grad 2 Band.

Grade 1  
"Grade One" bedeutet absolute Perfektion.

Grade 1 wurde bisher nur von schottischen oder schottisch-stämmigen Bands (z.B. "78th Fraser Highlanders", Canada; "Victoria Police Pipe Band", Australien) erreicht und entspricht - auf das Bergsteigen übertragen - der Besteigung des Mount Everest ohne Sauerstoff. Nur diese Bands spielen auf den World Pipe Band Championships, die alljährlich im August in Glasgow ausgerichtet werden, um den Titel des World Champion. Im Grad 1 reicht ein falscher Trommelschlag - nein - der Gedanke an einen falschen Schlag und ...

Seien wir realistisch: Wir müssen dankbar sein, wenn wir dem Mitglied einer solchen Band ein Glas Wasser anbieten dürfen - in anderer Form wird es uns so schnell nicht gelingen, diesen Spitzenmusikern das Wasser zu reichen....

Und doch möchte ich den letzten Satz mit drei Zitaten brechen:

Seien wir realistisch,
versuchen wir das Unmögliche!
                     Ernesto "Che" Guevara

Ziele hoch!
(Stecke deine Ziele hoch!)
Motto des Clan Fletcher of Dunans

 


Faustregel für Bogenschützen:
Bergauf halt drauf!


Danksagung: 
Herzlichen Dank an Sid Staubach von der Clanpipers Frankfurt and District Pipeband und Jens Krone von der Owl Town Pipe and Drum Band, Peine für wesentliche Beiträge zu dieser Seite. Diese Beiträge waren immerhin so wichtig, dass die ursprüngliche Version der "Grades" komplett überarbeitet werden musste... 

Sid's abschließender Kommentar zur Competition-Seite: "Ich begrüße euren Aufruf an alle Pipebands, auf Competitions zu gehen -  man kann dabei schließlich nur gewinnen." Dem ist nichts hinzuzufügen.

Doch, vielleicht eine kleine Wichtigkeit: Die "Grades" in der jetzigen Form sind als Koproduktion dreier Bands entstanden. Wie schon beim Holbaek-Projekt zeigt sich auch hier, dass Informations- und Wissensaustausch für alle Beteiligten positive Auswirkungen haben. Synergie - find ich richtig gut! ;-)