Bag Cover

  ...einmal anders


Seit einiger Zeit hat sich Monique Ros von der Highland Valley Pipes & Drums, Borculo/ NL darauf verlegt, etwas andere Bag Covers zu entwerfen. Neben der oben abgebildeten Kuh...

... hat sie zum Beispiel eine "Hairy Coo" geschneidert, ein Modell, dass...
... die Verwandtschaft zur Highland Cow (A wee coo!) nur schwer leugnen kann.
Beim Betrachten des nebenstehenden Modells fragt man sich jedoch unwillkürlich, wer...
... denn nun in Utrecht ohne Hosen durch die Gegend läuft.

Wie dem auch sei: Vielleicht inspiriert durch die MacBumm'sche Geschichte des Dudelsackes hatten wir uns verschiedentlich über ein Schaf-Cover unterhalten. Eines Tages kam Monique mit einer flüchtig hingekritzelten Zeichnung einher. Und so wurde denn beschlossen, dieses Bag Cover Realität werden zu lassen - und den Prozess der Fertigung mit Kamera und Stift zu begleiten.

Zunächst Grundsätzliches:

Das Leben eines Pipers ist hart: Der ständige Kampf mit den Reeds, Leckagen, gegen die kaum anzublasen ist etc. pp. Wenn wir uns nun an den Bau eines Bag Covers machen, sollte das Resultat unserer Arbeit kein zusätzliches Handikap für den Piper darstellen. Ein zu enges Bag Cover hemmt die Entfaltung der Bag und damit die des Pipers. Das Bag Cover sollte also grundsätzlich großzügig bemessen sein. Auch ist zu bedenken, dass sich verschiedene Stoffe unterschiedlich verhalten: Ein Jeans-Stoff dehnt sich kaum, andere Stoffe hingegen sind elastisch und geben nach. Die nun folgenden Maße beziehen sich auf ein "Large Canmore Bag", was immer das ist (Bin ich Piper? ;-).

Die ersten der nun folgenden Zeilen mögen sehr theoretisch wirken. Ich bitte darum, den Mut nicht vor der Zeit sinken zu lassen: Die dann folgenden Bilder und Texte werden zeigen, dass hier keine Raketenwissenschaft betrieben wird, sondern schlichtes und gutes Handwerk.

So sieht Moniques Schnittmuster für ein Bag Cover aus. Auf den ersten Blick ähnelt das Ganze dem Kopf eines Bandwurmes, aber wenn wir uns mit Ruhe und System dem Plan zuwenden, können wir vielleicht Nutzen daraus ziehen.

Zunächst ist da eine durchgehende horizontale Linie, die von A nach J verläuft (...die etwas eigenwillige Schreibweise des "J" sein hier einmal beiseite gestellt, das ist eine eigene Geschichte... ;-) Diese horizontale Linie ist die Mittellinie des Bag Covers, und sie ist exakt 79 cm lang. Links, da wo sich die A-Linie befindet, wird später der Chanter sein, rechts, da wo sich die J-Linie befindet, das offene Ende des Covers. Die größte Abweichung von der Mitte haben wir bei der Linie F: Hier beträgt die Gesamtbreite 65 cm, die Hälfte davon, also von der Mitte bis zum Rand, 32,5 cm.

Das System ist klar? Linie A ist - bezüglich der Länge - die Null-Linie. Hier beträgt die Breite des Stoffes 18 cm, die halbe Breite 9 cm. Linie F ist 44 cm von der Linie A entfernt; hier beträgt die Breite 65 cm, d.h. auf beiden Seiten der Mittellinie sind 32,5 cm abzutragen. Linie J schließlich ist 46 cm breit und 79 cm von der Linie A entfernt.

Wir nehmen uns nun ein Stück Packpapier von ca. 100 X 100 cm. Die Mittellinie wird aufgezeichnet, dann werden die "Längen" A bis J auf dieser Mittellinie markiert. Mit einem Geodreieck wird nun im jeweiligen Schnittpunkt mit der Mittellinie die jeweilige Senkrechte auf die Mittellinie konstruiert, mit einem genügend langen Lineal werden anschließend die Linien verlängert. Zu beiden Seiten wird anschließend die entsprechende "halbe Breite" abgetragen. Danach werden diese Schnittpunkte einfach miteinander verbunden. Das Resultat dürfte der obigen Zeichnung entsprechen. Hier die Koordinaten:

Linie Länge Breite halbe Breite
A   0 18 9
B 10 24 12
C 20 33 16,5
D 30 51 25,5
E 40 64 32
F 44 65 32,5
G 50 64 32
H 60 58 29
I 70 51 25,5
J 79 46 23

Was fehlt noch? Richtig, die Löcher für Blowpipe und Drones. In Moniques Schnittmuster sind diese Löcher mit 1-4 bezeichnet. Analog zu dem obigen Koordinatensystem werden die Mittelpunkte dieser Löcher eingebracht wie folgt:

Loch Länge Breite
1 23 5
2 36,5 9,5
3 39 1
4 42 -6

Loch 1 befindet sich also 23 cm rechts der Linie A und 5 cm über der Mittellinie, und Loch 4 befindet sich 42 cm rechts der Linie A und 6 cm unter der Mittellinie, deswegen "-6". Eigentlich klar, oder? Ist der Mittelpunkt der Löcher gefunden schlägt man mit dem Zirkel einen Kreis mit 2 cm Radius: Der Durchmesser dieser Löcher muss nämlich 4 cm sein.

Ganz wichtig: Das nun vor uns liegende Schnittmuster berücksichtigt keine Nahtzugaben!

Jetzt wird das Schnittmuster ausgeschnitten und auf den Stoff gelegt. Der Umriss wird übertragen, natürlich auch die Kringel für die Löcher.
Was fällt an diesem Bild auf? Richtig! Nicht vier sondern 8 Kringel sind auf diesem Bild zu sehen, vier davon durchgekreuzt.

Fehler sind Glücksfälle: Aus ihnen lernen wir! Monique hatte ihre Schablone genommen und sie übertragen. Henri sah sich das Bild an und meinte, das sei doch seitenverkehrt. Und er sollte recht haben: Das oben vorgestellte Schnittmuster ist richtig, wenn man es auf die rechte Stoffseite aufträgt. Trägt man es - wie üblich - auf der linken Seite auf, dann muss man es einmal wenden.

Nach Korrektur dieses Fehlers geht es zügig an den Zuschnitt: Wie erwähnt hatten wir beim Schnittmuster keine Nahtzugabe gegeben. Hier sieht man schön, dass Monique an den geschwungenen Seiten eine Nahtzugabe von 1 cm gibt, am Chanter- und am offenen Ende hingegen 2 cm.
Und hier das Resultat des Zuschnittes: Wenig Nahtzugabe an den Seiten, viel an den Enden, und die Löcher - mit Glück - am rechten Fleck.
Den Saum an den Enden näht Monique von Hand: "Mit der Nähmaschine wird das nicht so schön," so ihr Argument. "Die Maschine geht über alle Strukturen und näht den Flor einfach gnadenlos zusammen. Von Hand kann ich da feiner arbeiten." Monique legt die Kante auf die rote Markierung und näht sie hier fest. Das Resultat: Ein Saum von 1 cm Breite.
Wenden wir uns nun zunächst den Stulpen zu, also jenen kurzen Streifen, die den Übergang von Drones und Blowpipe kaschieren. Monique erklärt kategorisch, das rechte Maß sei 5 x 18 cm inkl. Nahtzugabe. Ich habe das nachgerechnet und bin zu einem völlig anderen Ergebnis gekommen. Später zeigt sich, dass Monique recht hat: Ein eindeutiger Sieg der Erfahrung über die Mathematik. Es bleibt also dabei: 5 x 18 cm für die Stulpen! Und klar: Wir brauchen vier davon...
Hier die Stadien: Der untere Streifen ist an drei Seiten mit der Nähmaschine gekettelt. In der Mitte sehen wir die von Hand gesäumte lange Oberkante. Dieser Streifen ist etwas schmaler, weil Monique hier den oberen Rand etwas umgelegt hat. Oben schließlich der vernähte Kringel...

 

...der jetzt von Hand in das Cover eingenäht wird, weil eine Nähmaschine hier nicht 'rankommt. Hier ein "Close up"... (Ich bin so stolz auf mich, dass ich so tolle Worte 'drauf habe...;-)
...und hier die Übersicht. Monique hat so eine Art, den Faden durchzuziehen...
Und so sieht das Schätzchen dann aus: Dem aufmerksamen Betrachter sticht hier sofort die frappante Ähnlichkeit des Stoffes mit dem Papierbandwurm am Anfang des Textes auf. Gut: Der Kontrast könnte besser sein, aber knipse mal einen Rappen bei Neumond...
Der nächste Schritt: Heften des Covers als Vorbereitung der ...
... Naht. Ich kann mir nicht helfen, aber...
...das Resultat der Arbeit regt meinen Appetit an: Ich denke da an die "Ente á la Mathilde" und ähnliche Leckereien...
Und hier das Cover auf rechts, beim ersten Test. Das ähnelt doch schon ein wenig einem Schaf, oder?

Bis hierher war es die Arbeit eines Nachmittags. Ich werde in Kürze über den weiteren Fortschritt des Projektes "Blökendes Schaf" berichten oder - wie man heute so schön auf neuhochdeutsch sagt:

To be continued!